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Rezension: Beklaute Frauen

Rezension zum Buch Beklaute Frauen von Leonie Schöler

Infos:

  • Untertitel: Denkerinnen, Forscherinnen, Pionierinnen: Die unsichtbaren Heldinnen der Geschichte
  • Autorin: Leonie Schöler
  • Verlag: Penguin
  • Hardcover
  • 416 Seiten
  • schwarz-weiß Abbildungen
  • 28. Februar 2024 erschienen

Klappentext:

Wie Frauen Geschichte schrieben – und Männer dafür den Ruhm bekamen

Muse, Sekretärin, Ehefrau – es gibt viele Bezeichnungen für Frauen, deren Einfluss aus der Geschichte radiert wurde. Für deren Leistungen Männer die Auszeichnungen und den Beifall bekamen: Wissenschaftlerinnen, deren Errungenschaften, im Gegensatz zu denen ihrer männlichen Kollegen, nicht anerkannt wurden. Autorinnen, die sich hinter männlichen Pseudonymen versteckten. Oder Künstlerinnen, die im Schatten ihrer Ehemänner in Vergessenheit geraten sind. Lebendig und unterhaltsam erzählt die Historikerin Leonie Schöler ihre Geschichten, sie zeigt, wer die Frauen sind, die unsere Gesellschaft bis heute wirklich vorangebracht haben. Und sie verdeutlicht, wie wichtig die Diskussion um Teilhabe und Sichtbarkeit ist. Dabei wird klar: Hinter jedem erfolgreichen Mann steht ein System, das ihn bestärkt; vor allen anderen steht ein System, das sie aufhält.

Mit zahlreichen Abbildungen und Infokästen


»Ein ausgesprochen interessantes Buch, bei dessen Lektüre man sich fragen kann, warum die eine oder andere Fehlentscheidung der Vergangenheit nicht längst gerade gerückt wurde.«

NDR Kultur (08. März 2024)
Das Buch (auf dem Cover ein gezeichneter Frauenkopf) steht auf einer niedrigen Mauer. Hinter der Mauer wachsen Osterglocken mit gelben Blüten. Neben dem Buch auf der Mauer liegen einige weiße Federn.
Beklaute Frauen Rezension
Link zum Buch
Das Buch (man sieht den Klappentext in weißer Schrift auf hellrotem Grund) steht auf einer niedrigen Mauer. Hinter der Mauer wachsen Osterglocken mit gelben Blüten. Neben dem Buch auf der Mauer liegen einige weiße Federn.
Beklaute Frauen Rezension

Meine Meinung:

Ich habe das Buch über das Bloggerportal erhalten, worüber ich mich sehr gefreut habe. Selbstverständlich hat dies meine Meinung nicht beeinflusst.

Für mich gehört dieses Buch auf jeden Lehrplan. Man lernt doch in der Schule immer noch hauptsächlich von den „großen Männern“ der Geschichte. Seien es Erfinder, Entdecker, Forscher oder Abenteurer.

Mujeres Libres

Ich hatte bis zu diesem Buch beispielsweise nicht von den Mujeres Libres gehört, die sich dem Widerstand gegen die Putschisten unter General Franco anschlossen und genau so mutig gegen den Faschismus kämpften wie die männlichen Anarchisten. Es waren Feministinnen aus Barcelona und Madrid, die sich zusammen schlossen, um gegen die Faschisten und das Patriarchat zu kämpfen. Sie wollten, dass Frauen alle Wege zu Bildung und Gleichberechtigung offen standen.

Als Franco an die Macht kam, wurden diese tapferen Republikanerinnen verfolgt, eingesperrt und gefoltert. Und ihre Teilnahme am Bürgerkrieg wurde aus den Geschichtsbüchern gestrichen. Erst nach dem Ende der Franco-Diktatur konnten überlebende Frauen darüber sprechen.

Allgemeiner Aufbau

Aber in dem Buch geht es nicht nur um Kriegerinnen und Soldatinnen. Vielmehr zeigt die Autorin in den sechs Kapiteln, der Einleitung und dem Schlusswort auf, dass nicht nur Frauen bis heute vielfach bewusst um Anerkennung von Leistungen, Teilhabe und Gleichberechtigung gebracht werden. Es geht hier vordergründig um Frauen, aber auch um Personen der LGBTQIA+-Community, BIPOC, Menschen mit Behinderung. Also alle, die nicht dem Standard des weißen, hetero-CIS-Mannes entsprechen.

Die Autorin schlägt in den 6 Kapiteln einen Bogen vom 18. Jahrhundert mit der französischen Revolution, über die Sufragetten-Bewegung des 19. Jahrhunderts bis in die 20er Jahre des 21. Jahrhunderts und bis in die heutige Zeit. Sie belegt exemplarisch an einzelnen Frauen-Schicksalen die systematische Aberkennung von Leistungen und Errungenschaften.

Am Ende des Buches finden sich ein Namens- und Quellenverzeichnis sowie einige Literaturempfehlungen.

Beim Lesen war ich teilweise wütend und auch beeindruckt, mit welchen Hürden sich viele Frauen herumschlagen mussten, um ihre Lebensträume zu verwirklichen. Oft gelang / gelingt dies nicht, da die Gesellschaft, vor allem die patriarchalen Strukturen es nicht zuließen und auch heute vielfach nicht zulassen.

Dabei haben Frauen oft einen entscheidenden Anteil an der menschlichen Entwicklung, der jedoch entweder in Vergessenheit geriet oder sogar bewusst Männern zugeschrieben wurde.

Ich könnte so viel über das Buch schreiben

Beispiel: Bertolt Brecht wird als alleiniger Autor der bekanntesten Werke der Geschichte, wie die Dreigroschenoper genannt. Jedoch arbeiteten mit ihm mehrere Frauen an den Stücken, deren sicher erheblicher Anteil an den Texten heute kaum noch nachvollziehbar ist, da es keinen Nachweis darüber gibt, wieviel die Frauen im Einzelnen direkt beigetragen haben. So werden sie nicht mal als Co-Autorinnen genannt, obwohl sie belegbar an der Entstehung beteiligt waren.

Auch die erste Ehefrau von Albert Einstein hat zunächst mit ihrem Mann zusammen geforscht, aber den Ruhm hat er ganz für sich allein beansprucht.

Besonders erwähnenswert finde ich noch die Vergebung von Nobelpreisen, bei denen in der Regel bisher weiße Männer Preise erhalten. Dabei steht im Testament von Schöpfer und Stifter Alfred Nobelpreis nicht, dass der Preis ausschließlich an Männer verliehen werden darf. Doch wie es so oft in unserer Gesellschaft ist: Diejenigen mit den notwendigen Verbindungen und Kontakten ernten den Ruhm.

Und posthum wird der Preis nicht vergeben, also gehen alle bisher verstorbenen Frauen, denen nachweislich eine große Entdeckung gelang, weiterhin leer aus.

Selbst Datendiebstahl ist Teil der systematischen Benachteiligung. Dies wird besonders im Fall von Rosalind Franklin offenbart, die als erste den Aufbau der DNA-Doppelhelix nachweisen konnte, aber nie dafür ausgezeichnet wurde. Die Auszeichnung erhielten männliche Konkurrenten, die einfach ihre Ergebnisse stahlen. Erst nach ihrem frühen Krebstod wurde das bekannt, so dass ihr nie die Ehre für diese und andere Forschungen zuteil werden konnte.

Fazit:

Beim Lesen wird klar, wie sehr wir alle Teil des patriarchalen Systems sind. Die Lektüre hat meinen Horizont erweitert und hat mich viel Neues gelehrt. Dabei schafft es die Autorin, die Sprache verständlich zu halten. Sie schreibt bildhaft und leicht lesbar.

Ich kann Beklaute Frauen sehr empfehlen.

Mal nachdenken:

Könnt Ihr 10 Wissenschaftlerinnen oder 10 Künstlerinnen aufzählen?

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