Schlagwort: Satire

  • Rezension: Achtsam morden von Karsten Dusse

    Rezension: Achtsam morden von Karsten Dusse

    Klappentext:

    Björn Diemel wird von seiner Frau gezwungen, ein Achtsamkeits-Seminar zu besuchen, um seine Ehe ins Reine zu bringen, sich als guter Vater zu beweisen und die etwas aus den Fugen geratene Work-Life-Balance wieder herzustellen. Denn Björn ist ein erfolgreicher Anwalt und hat dementsprechend sehr wenig Zeit für seine Familie. Der Kurs trägt tatsächlich Früchte und Björn kann das Gelernte sogar in seinen Job integrieren, allerdings nicht ganz auf die erwartete Weise. Denn als sein Mandant, ein brutaler und mehr als schuldiger Großkrimineller, beginnt, ihm ernstliche Probleme zu bereiten, bringt er ihn einfach um — und zwar nach allen Regeln der Achtsamkeit.

    Achtsam morden ist die Geschichte eines bewussten und entschleunigten Mordes, der längst überfällige Schulterschluss zwischen Achtsamkeitsratgeber und Krimi, vor allem aber ein origineller Unterhaltungsroman.

    »Auf jeder Seite Spannung, ungebetene Ratschläge und Galgenhumor … Das kriegt halt nur ein Anwalt hin. Und keiner so gut wie Karsten Dusse.« Jan Böhmermann

    Taschenbuch, Klappenbroschur, 416 Seiten

    Meine Meinung:

    Ich bin auf das Buch durch eine Leserunde bei Lovelybooks aufmerksam geworden. Mich hat das Cover neugierig gemacht und als ich den Klappentext gelesen hatte, war mir klar, dass ich das Buch unbedingt lesen muss.
    Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Der Austausch in der Leserunde mit den anderen Lesern hat mir dabei genau so viel Spaß gemacht, wie das Buch zu lesen. Es ist immer wieder spannend, welche Details anderen Lesern auffallen, denen man selbst weniger Beachtung geschenkt hat.

    Der Roman ist komplett aus der Sicht des Anwalts Björn erzählt, der berichtet, wie es dazu kam, dass er durch das Achtsamkeitsseminar, wozu ihn seine Frau gedrängt hat, zum Mörder wurde und die Geschäfte eines Mafiabosses übernahm. Das ist so herrlich überspitzt und bissig dargestellt, dass man gar nicht anders kann, als Sympathien zu Björn zu entwickeln. Die übrigen Protagonisten werden vielschichtig und übertrieben dargestellt und passen herrlich in die Geschichte.

    Die den Kapiteln vorangestellten Abschnitte aus dem fiktiven Ratgeber zur Achtsamkeit werde ich mir alle abschreiben und versuchen, in mein Berufs- und Alltagsleben einzubauen. Es kann nicht schaden, ab und zu mal durchzuatmen, wenn man glaubt, der Stress wirft einen noch um. Dabei werden die Ratschläge jeweils passend im Kapitel mit praktischen Beispielen erläutert, was das Lesevergnügen für mich noch gesteigert hat, da ich immer gespannt war, was wohl passieren könnte. Allerdings wurde der Text im Laufe des Kapitels komplett wiederholt, was ich etwas störend fand. Aber wenn man die Hinweise erneut liest, kann man sie sicherlich besser verinnerlichen. Und es so hinzunehmen, ist ja auch schon achtsam.

    Der Autor hat nicht mit Gesellschaftssatire gespart und baut die eine oder andere Kritik an verschiedenen Teilen des modernen Lebens ein, sei es das Hipster-Start up Unternehmen, das Kinderarbeit fördert, der Kindergarten, mit dem man herrlich Beamte erpressen kann oder die ständig Geldsorgen geplagten Mütter, die ihre überteuerten Latte Macchiatos im kinderfreundlichen Café trinken. Nebenbei bekommen einige Gangster ihre gerechte(?) Strafe. Die Grenzen zwischen Gut und Böse werden verwischt.

    Der Fokus liegt allerdings klar auf der Entwicklung von Björn vom unzufriedenen Bäh-Anwalt für die Bäh-Mandanten seines Arbeitgebers zum liebenden Vater und Ehemann, der zur Rettung seiner Ehe so einiges in Kauf nimmt, was ganz bestimmt nicht gesetzeskonform ist.
    Mich hat das Buch sehr gut unterhalten, da es meinen schwarzen Humor einfach getroffen hat. Ich mag Geschichten, die ein wenig skurril und amüsant sind.
    Klassische Krimifans könnten enttäuscht sein, falls sie nicht offen für die Prise Witz sind, die in diesem kleinen Meisterwerk steckt.

  • Rezension: Herr Sonneborn geht nach Brüssel von Martin Sonneborn

    Rezension: Herr Sonneborn geht nach Brüssel von Martin Sonneborn

    Untertitel: Abenteuer im Europaparlament

    Klappentext:

    Endlich verstehen, wie in Europa Politik gemacht wird.

    Das Abenteuer beginnt im Frühjahr 2014. Unerwartet wird der ehemalige Titanic-Chefredakteur Martin Sonneborn ins EU-Parlament gewählt – als einziger Abgeordneter seiner Partei (Die Partei). Und da er schon mal da ist, beschließt er rauszufinden: Wie funktioniert Europa?

    Am Anfang ist es wie eine Klassenfahrt für Erwachsene. Europäer mit 24 verschiedenen Muttersprachen treffen aufeinander. Sie kennen sich nicht, sollen aber gemeinsam Politik machen. Und es werden wilde Jahre: Es geht um die Vergrößerung der EU, den Brexit, Datenschutzrichtlinien, die Katalonienkrise und die Beziehungen zu den USA und zu Russland. Politik wird von Menschen gemacht. Von den Fraktionslosen wie dem polnischen Monarchisten, der das Frauenwahlrecht wieder abschaffen will, und Alessandra Mussolini, der Enkelin des Duce, die über Berlusconis legendäre Po-Liste ins Parlament gekommen ist, genauso wie von den Mitgliedern der großen Parteien. Martin Sonneborn begegnet Martin Chulz (bzw. Schulz), Elmar Brocken (Brok), Beatrix von Strolch, Udo Voigt (NPD) und seiner Frau, Manfred Streber (Manfred Weber, CSU, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei) und Herbert Reul (neuerdings Innenminister in NRW und ein bisschen dumm), Bernd Lucke, Nigel Farage und Angela Merkel.

    Martin Sonneborns Buch ist ein humorvoller Blick hinter die Kulissen des EU-Parlaments. Sein Urteil ist unbestechlich (meistens), und wer das Buch liest, wird sehr viel lachen – und endlich verstehen, wie in Europa Politik gemacht wird.
    »Sonneborn is a nice guy and funny man. As Chief-Editor at TITANIC I found him really wonderful.« Martin Chulz, SPD

    Meine Meinung:

    Kurz gefasst könnte man sagen, dass das Buch sehr lesenswert und informativ ist. Ein, auch humorvoller, Blick auf die Abläufe in Brüssel und die Hintergründe im Politikgeschehen Europas.

    Dann unterschlägt man aber einiges. Manches Mal habe ich mich beim Lesen gefragt, ob das jetzt schon Satire ist. Dann habe ich im Internet recherchiert und musste feststellen, dass die beschriebenen Abläufe zwar teilweise durch die satirische Feder von Martin Sonneborn geschildert wurden, aber deswegen nicht weniger wahr sind. Es gibt so einige althergebrachte Gewohnheiten im Europaparlament, die äußerst befremdlich wirken. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die regelmäßigen Umzüge des kompletten Parlaments nach Straßburg, die eine Unmenge Steuergelder, Zeit und Aufwand kosten, ließen mich an der Logik des Systems zweifeln.

    Das Buch ist wirklich wissenswert, was durch einige humorvolle Zeilen des Autors nur verstärkt wird. Alleine die Beschreibung des Staatsbesuchs in Armenien und von dort in Bergkarabach lohnen schon den Kauf des Buches.

    Auch die diversen Aktionen der Partei Die PARTEI hat Martin Sonneborn aus seiner Sicht beschrieben und in den Kontext der geschichtlichen Hintergründe eingeordnet. Das lässt vieles auch in einem anderen Licht erscheinen und eröffnet ein anderes Verständnis für die Politik.

    Fazit: Das ist wirklich ein sehr gutes Buch.