Rezension: Underground Railroad v. Colson Whitehead

Klappentext:

Der erste große Roman über das schwarze Amerika – ausgezeichnet mit dem National Book Award und Pulitzer Prize und ein Jahr ununterbrochen auf der New York Times-Bestsellerliste

Cora ist nur eine von unzähligen Schwarzen, die auf den Baumwollplantagen Georgias schlimmer als Tiere behandelt werden. Alle träumen von der Flucht – doch wie und wohin? Da hört Cora von der Underground Railroad, einem geheimen Fluchtnetzwerk für Sklaven. Über eine Falltür gelangt sie in den Untergrund und es beginnt eine atemberaubende Reise, auf der sie Leichendieben und Kopfgeldjägern, aber auch heldenhaften Bahnhofswärtern begegnet. Jeder Staat, den sie durchquert, hat andere Gesetze, andere Gefahren. Wartet am Ende wirklich die Freiheit?

»Underground Railroad« ist ein Manifest über die Menschlichkeit und zugleich eine virtuose Abrechnung damit, was es bedeutete und immer noch bedeutet, in Amerika schwarz zu sein.

Fischer TaschenBibliothek, 496 Seiten, gebunden, Originalsprache: Englisch
Übersetzt von: Nikolaus Stingl

Meine Meinung:

Der Autor erzählt eine ungeschönte Geschichte aus der Zeit der nordamerikanischen Sklaverei, als einfach jedem Schwarzen, egal ob Freier oder Versklavter, das Recht auf eine eigene Meinung und die Macht über das eigene Leben abgesprochen wurde.

Die Protagonisten bilden einen Spiegel der damaligen nordamerikanischen Gesellschaft, in der die weiße Bevölkerung sich als die Herren über alle anderen sahen, selbst Iren wurden als Bürger zweiter Klasse, als günstige Arbeitskräfte angesehen.

Aber der Umgang mit der afrikanisch-stämmigen Bevölkerung war ungleich härter. Frauen konnten vor keinem Mann sicher sein, Kinder wurden früh zur Arbeit gezwungen, durften nicht mal lesen lernen und die Männer mussten jede Art der harten Arbeit erdulden, die auf den Farmen und überall anfiel.

Colson Whitehead spart auch nicht mit Kritik an dem Massenmord an den Ureinwohnern Nordamerikas und ihrer Unterdrückung.

Ja, die Underground Railroad war keine wirkliche unterirdische Eisenbahn, aber hier hat der Autor sich ein Stück literarische Freiheit genommen und die unzähligen Helfer und Unterstützer und die Fluchtrouten als wirkliche Eisenbahn in die Geschichte eingebaut, um den Metaphern, die damals für verschlüsselte Nachrichten verwendet wurden, ein kleines literarisches Denkmal zu setzen.

Ich finde, das Buch gehört in jedes Bücherregal und sollte von viel mehr Menschen gelesen werden. Ich finde, es sollte in allen Ländern Schullektüre sein.

Ich hoffe, irgendwann denkt niemand mehr, dass er mehr wert ist als andere Menschen, nur weil sie mit einem anderen Äußeren geboren wurden oder unter anderen Bedingungen aufgewachsen sind.

Großartig. Bedrückend, traurig, hart, stark. Das Buch beschäftigt mich noch lange.

Einfach lesenswert!

Zitate aus dem Buch:

„Sie hängten die Schuldigen und im Interesse der Prävention auch einen kräftigen Prozentsatz Unschuldiger. Sobald die Ermordeten gerächt waren – und, noch wichtiger, man die Beleidigung der weißen Ordnung mit Zins und Zinseszins zurückgezahlt hatte -, kehrten die Zivilisten auf ihre Farmen, in ihre Fabriken und Läden zurück, und die Patrouillenreiter nahmen ihre Runden wieder auf.“ (Seite 262)

„Ihre erweiterten Befugnisse erlaubten ihnen, im Namen der öffentlichen Sicherheit an jedermanns Tür zu klopfen, um einer Beschuldigung nachzugehen oder auch willkürliche Kontrollen vorzunehmen. Die Regulatoren kamen zu jeder Tages- und Nachtzeit, suchten den ärmsten Fallensteller genauso auf wie den reichsten Friedensrichter. […] Cora dachte, dass die Weißen sich eigentlich weigern müssten, ihre Freiheiten aufzugeben, auch wenn es angeblich ihrer Sicherheit diente. […] Patrioten brüsteten sich damit, wie oft man sie schon durchsucht und ihnen ihre Zuverlässigkeit bescheinigt habe. (Seite 270)

„Wie sollte man den Status eines Entlaufenen beschreiben? Die Freiheit war etwas, das sich mit dem jeweiligen Blick darauf wandelte, so wie ein Wald aus der Nähe vor lauter Bäumen undurchdringlich wirkte, doch von außen, von der leeren Wiese aus, seine wahren Grenzen offenbarte.“ (Seite 290)

„Einige seiner Freunde seien damals bei der Armee gewesen. Sie trieben die Indianer in Lagern zusammen, die Frauen, die Kinder und was immer sie auf dem Rücken tragen konnten, und ließen sie bis westlich des Mississippi marschieren. Den Pfad der Tränen und des Todes, wie ein Cherokee-Weiser es später genannt habe, nicht ohne Grund und nicht ohne das indianische Gespür für Rhetorik. Krankheit und Unterernährung, ganz zu schweigen von dem bitterkalten Winter, den Ridgeway selbst nicht in angenehmer Erinnerung hatte, rafften Tausende dahin. Als sie nach Oklahoma kamen, warteten noch mehr Weiße auf sie, die das Land besetzt hatten, das man den Indianern im letzten wertlosen Vertrag versprochen hatte.“ (Seite 330)

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