Text: Rezension

Rezension: Ton für die Götter

Infos:

  • Autorin: Anuradha Roy
  • Verlag: Luchterhand
  • Originialverlag: Mountain Leopard Press / Welbeck, London
  • Originaltitel: The Earthspinner
  • Aus dem Englischen von: Werner Löcher-Lawrence
  • Hardcover mit Schutzumschlag, 288 Seiten
  • ISBN: 978-3-630-87720-4
  • Erschienen am 14. Juni 2023

Klappentext:

Als der Töpfer Elango eines Morgens aus einem wilden Traum erwacht, weiß er, dass sich sein Leben für immer verändert hat. Er muss der Botschaft, die ihn erreicht hat, Gestalt verleihen – egal, von wem sie stammt, ob es die Hindu-Götter oder alte Töpferlegenden waren, die ihn von einem Pferd in Flammen träumen ließen, das den Ozean durchstreift. Er muss ein großes Terrakotta-Pferd schaffen! Und er muss es für Zohra tun, eine Muslimin, die er schon lange liebt, obwohl diese Liebe immer noch ein Tabu ist in Indien. Auf der anderen Seite der Welt, im kalten, nassen England, ist derweil auch für Sara das Töpfern überlebenswichtig geworden: Sie hat bei Elango gelernt, und jetzt, in einem unwirtlichen, ihr fremden Internat, ist es ihre einzige Verbindung zur verlorenen Heimat.

Zwischen Ost und West bewegt sich dieser Roman, zwischen alten Mythen und neuen Ideen. Und er erzählt von der Kraft des Schöpferischen in einer Welt, in der viel zu viele Menschen unter den Folgen von Fanatismus und Engstirnigkeit leiden.

» ›Ton für die Götter‹ ist ein Roman, den man, einmal angefangen, nicht mehr aus der Hand legen kann.«

Simone Hamm / WDR 3 (19. Juni 2023)
Im Bild sieht man einige getöpferte Gegenstände, zwischen denen das rezensierte Buch liegt. Zwei der Gegenstände habe ich selbst getöpfert: eine kleine Schale und einen Pilz, der farblich perfekt zum Buch passt, das in Magentafarben geradezu leuchtet.
Link zum Buch

Meine Meinung:

Ich habe das Buch im Bloggerportal entdeckt und musste es einfach anfragen. Ich töpfere selbst gerne und konnte es kaum erwarten, die Geschichte über einen Töpfer und seine Schülerin zu lesen. Als ich dann aus meinem Urlaub nach Hause kam, wartete das Buch bereits auf mich und ich konnte es fast sofort anfangen zu lesen. (Vorher habe ich natürlich erst meine aktuelle Lektüre beendet, wie ich das immer mache. Ich lese einfach ungerne mehrere Bücher parallel.)

Zu Beginn des Buches erzählt die Ich-Erzählerin Sara in Tagebuchform von ihrer ersten Zeit im fremden England zu Beginn ihres Studiums. Im folgenden Abschnitt wechselt die Erzählung dann fließend zwischen personaler und auktorialer Perspektive und der Ich-Erzählerin. Dies macht allerdings beim Lesen keine Schwierigkeiten, da man immer genau weiß, um wen es gerade geht und wann und wo man sich befindet.

Die Sprache ist bildhaft, poetisch und fesselnd. Die Schicksale der einzelnen Protagonisten sind berührend und spannend. Dabei wird die Handlung nicht hektisch erzählt, sondern unaufgeregt und ruhig.

Anhand einer Liebesgeschichte nimmt uns die Autorin mit in das Indien 70er und 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts und beschreibt die politischen und religiösen Konflikte am Beispiel einer Dorfgemeinschaft am Rande einer wachsenden und sich ausdehnenden Stadt. Es gibt viele Parallelen zur heutigen Zeit und man möchte schreien bei so viel Ungerechtigkeit, Hass und Zerstörung. Aber es gibt auch so viele schöne und warme Momente des Zusammenhalts und der Liebe.

Wunderbar beschrieben finde ich nicht nur die Liebesgeschichte, die Landschaft und das Verhältnis der Menschen untereinander. Es sind viele kleine Teile, die die Geschichte gekonnt verbinden und das mir fremde Land in mein Kopfkino holt. Beispielsweise wenn der Töpfer seinen Ton aus dem Teich fischt und nach und nach zur großen Pferdeskulptur verarbeitet. Oder wenn der fast blinde Kalligraph mit dem Hund Chinna durch die Straßen zu seiner alten Arbeitsstelle spaziert. Oder wenn Sara die Entfremdung zu ihrer jüngeren Schwester Tia beschreibt und erklärt, wie es dazu kommen konnte. Auch die mit der Zeit verschwundenen Traditionen rund um die Töpferei und mit damit verbundenen religiösen Festen in dem Dorf vervollständigen das Buch in meinen Augen zu einem Gesamtkunstwerk, das es wirklich zu lesen lohnt.

Am Ende möchte ich einfach noch weiter mit Sara an der Uni bleiben und an der Töpferscheibe arbeiten. Zum Schluss kommt noch einmal Chinna zu Wort, was einen etwas melancholischen, aber auch friedlichen Abschluss bildet.

Ich kann dieses Buch einfach nur empfehlen. Es hat mir sehr gefallen!

Fazit:

Dieser Roman steht nicht auf tönernen Füßen.

Das Buch liegt mit der Rückseite nach oben auf einer Schicht Rindenmulch, darüber steht ein kleines getöpfertes Pferd.
Das kleine Pferd hat meine Nichte vor Jahren getöpfert. Ich dachte, es passt einfach perfekt zum Buch.

Weitere Bücher aus dem Luchterhand Verlag:

Kasse 19

Kleinstadtfarben

Dinosaurier auf anderen Planeten


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