Infos:
- Autor: Jaap Robben
- Übersetzerin aus dem Niederländischen: Birgit Erdmann
- Originaltitel: Schemerleven
- Verlag: DuMont Buchverlag
- Format: Gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen
- 336 Seiten
- Erschienen: 15.08.2023
- ISBN: 978-3-8321-6818-6
Klappentext:
»Eine der bemerkenswertesten Stimmen in der niederländischen Literatur« LIZE SPIT
Die junge Floristin Frieda wächst in den Sechzigerjahren in einem streng katholischen Umfeld auf. Als sie an einem späten Winternachmittag einen zugefrorenen Fluss betritt, weiß sie nicht, dass sich gleich alles für sie verändern wird. Auf dem Eis trifft sie den verheirateten Otto. Sie erleben eine Liebe, die stürmisch beginnt und schicksalhaft endet: Frieda wird schwanger – ein Skandal in der Welt, in der sie sich bewegt. Und so darf sie ihrem heimlichen Kind nie Mutter sein. Jahrzehntelang behält sie die Erinnerungen an diese Episode ihres Lebens für sich. Doch als sie mit über achtzig Jahren in ein Pflegeheim zieht, beginnt sie, sich ihnen zu stellen und sie zu teilen.
›Kontur eines Lebens‹ ist der Roman einer großen Liebe und ihres Scheiterns, die Geschichte einer unglaublich starken Frau, die sich gegen alle Widrigkeiten behauptet.
»Kein Wort an der falschen Stelle, kein Satz, der nicht glänzt, und kein Absatz, der einen nicht bis in die tiefste Faser berührt.« HET PAROOL

Meine Meinung:
Ich habe das Buch bei der Vorstellung des Herbstprogramms des DuMont Verlags im letzten Jahr bei der Leipziger Buchmesse erhalten und hatte mir vorgenommen, eine Rezension zu schreiben, sobald ich es gelesen habe. Und endlich kam ich dazu, es zu lesen.
Zum Inhalt
In dem Roman erzählt die Ich-Erzählerin Frieda von der ersten Zeit im Altenheim, in das sie ziehen muss, nachdem ihr Mann unerwartet verstorben ist. Gerade dieser Anfang hat mich doch ziemlich deprimiert. Doch das ist auch ein Zeichen, dass der Autor es sehr gut versteht, Gefühle zu transportieren. Frieda trauert noch um ihren Mann und hat Schwierigkeiten, sich in ihre neue Umgebung einzugewöhnen, in der nur ganz wenige Sachen aus ihrem alten Haus Platz finden konnten.
Überhaupt ist Verlust ein großes Thema in dieser Geschichte, die mich doch sehr gefesselt hat. Der Verlust des Ehemanns, der Verlust der gewohnten Umgebung, der Verlust der Selbständigkeit und auch der Selbstbestimmtheit, denn die Pfleger*innen haben immer nur wenig Zeit, sich um die Bewohner*innen zu kümmern. Und alltägliche Handlungen wie das Duschen oder die Zubereitung eines Getränks, zeigen wie mühsam das Leben im Alter sein kann.
Frieda erzählt von den Schwierigkeiten, die sie mit ihrem Sohn hat, der sich um die Auflösung des Hausrats kümmern muss, nachdem die Mutter ausgezogen ist. Und auch seine Hilflosigkeit klingt eindrucksvoll durch. Und trotzdem reagiert er großartig, als er erfährt, dass er ein Geschwisterchen von einem anderen Mann als seinem Vater hätte haben können.
Nur langsam öffnet Frieda ihr Innerstes und erinnert sich wieder an eine Zeit, als sie in einen älteren verheirateten Mann verliebt war und von ihm schwanger wurde. Den Skandal, den sie mit ihrem Verhalten in ihrer katholisch geprägten Umgebung auslöste. Das Unvermögen ihrer Eltern, liebevolle Gefühle zuzulassen und sie stattdessen vor die Tür zu setzen. Fast mittellos, ohne Ort, an den sie hätte gehen können. So schläft sie eine zeitlang im Lager des Blumenladens, in dem sie angestellt ist. Bis sie von Otto, dem Vater ihres ungeborenen Kindes in einem Zimmer in einem abbruchreifen Haus untergebracht wird.
Dort bringt sie schließlich ihr Kind zur Welt, von dem sie allerdings nie mehr als zwei kleine nackte Füße sehen wird. Otto geht mit dem Säugling weg und lässt sich nicht mehr blicken. Aus Andeutungen des Arztes und der Schwester (einer Nonne) kann man ahnen, dass das Kind tot geboren wurde. Aber ich war mir nie ganz sicher, da es ja auch viele Berichte von unehelichen Babys gibt, die von Nonnen ihren jungen Müttern weggenommen und in „gute Hände“ gegeben wurden. Den Müttern wurde dann oft erzählt, das Kind hätte nicht überlebt, damit sie nicht danach suchen. Bis zuletzt hoffte ich darauf, dass dieses Kind irgendwo wieder gefunden wird.
Zwei Zeitebenen
Erzählt wird der Roman immer aus Friedas Sicht, mal in der Gegenwart, mal als Erinnerungen an die Vergangenheit mit Otto und später mit ihrem Ehemann Louis. In ihrer Ehe und dem Familienleben durchlebt Frieda immer wieder das Trauma des Verlusts. Dadurch brechen oft Gefühle aus ihr raus, die sie sich und ihrer Familie nicht erklären oder vermitteln kann.
Fazit:
Jaap Robben erzählt am Beispiel dieser starken Frau das Schicksal so vieler Frauen, die nicht in Vergessenheit geraten sollen. Er erzählt dies mit Respekt und gefühlvoll. Dabei sind es die leisen Töne, die besonders berühren und im Gedächtnis bleiben.
Mit diesem Buch habe ich schon 5 Bücher meiner 5 für 2025 Leseliste gelesen.
Den Bericht zu der Lesung von Jaap Robben bei der Leipziger Buchmesse 2024 findet Ihr unter diesem Link.

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