Text: Rezension

Rezension: Betrug

Infos:

  • Titel: Betrug
  • Autorin: Zadie Smith
  • Originaltitel: The Fraud – A novel
  • Aus dem Englischen von Tanja Handels
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag, 528 Seiten
  • ISBN: 978-3-462-00544-8
  • Erschienen: 02. November 2023

Klappentext:

Die gefeierte Bestsellerautorin Zadie Smith überrascht mit einem literarischen historischen Roman, der sich um einen der bekanntesten Gerichtsfälle Englands dreht: Der Tichborne-Fall, der Arm gegen Reich aufwiegelte.

London 1873. Mrs. Eliza Touchet ist die schottische Haushälterin und angeheiratete Cousine des einstmals erfolgreichen Schriftstellers William Ainsworth. Eliza ist aufgeweckt und kritisch. Sie zweifelt daran, dass Ainsworth Talent hat. Und sie fürchtet, dass England ein Land der Fassaden ist, in dem nichts so ist, wie es scheint. 

Mit ihrer Schwägerin besucht sie die Gerichtsverhandlungen des Tichborne-Falls, in der ein ungehobelter Mann behauptet, der seit zehn Jahren verschollene Sohn der reichen Lady Tichborne zu sein. Andrew Bogle, ehemaliger Sklave aus Jamaika, ist einer der Hauptzeugen des Prozesses. Eliza und Bogle kommen ins Gespräch und der Wahrheit näher. Doch wessen Wahrheit zählt?

Basierend auf realen historischen Ereignissen ist »Betrug« ein schillernder Roman über Wahrheit und Fiktion, Jamaika und Großbritannien, Betrug und Authentizität und das Geheimnis des Andersseins.

Auf dem Buchcover, das in Blau- und Gelbtönen gehalten ist, sieht man zwei Männer und verschiedene Teelöffel.
Link zum Buch

Meine Meinung:

Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar beim Verlag angefragt, weil mich das Cover sofort angesprochen hat. Auch der Klappentext machte mich neugierig und ich habe mich sehr gefreut, als der Verlag mir ein Buch zur Verfügung stellte. Dies beeinflusst meine Meinung allerdings nicht.

Die Erzählung liest sich zunächst wie bei Jane Austen und anderen Autor:innen der Zeit als Familiengeschichte, die in einem begrenzten Rahmen spielt, geht aber bald darüber hinaus und beleuchtet auch die Geschichten weiterer Protagonisten. Dabei fließt die Handlung zwischen der Gegenwart rund um Mrs. Touchet und ihrem Leben als Haushälterin bei einem Schriftsteller, ihrem angeheirateten Cousin, der seine erfolgreichsten Bücher vor langer Zeit geschrieben hat, und verschiedenen Figuren, die mit der Gerichtsverhandlung um den Betrugsfall zusammen hängen. Außerdem wechselt die Handlung zu Geschehnissen der Vergangenheit, die etwa 30 Jahre zurück liegt. Dabei folgt man in den 1830er Jahren Mrs. Touchet als junger Witwe und reist mit dem Sklaven Bogle aus den Kolonien nach England.

Die Autorin schafft es, mich mit ihrer, der Zeit angemessenen, Sprache zu fesseln und erzeugt in mir Bilder einer vergangenen Epoche. Man wirft einen Blick auf verschiedene Gesellschaftsschichten und ihre Sichtweisen. Die Protagonisten sind teilweise bekannte Figuren der Geschichte, teilweise kommt auch das „einfache Volk“ zu Wort. Der Roman ist vielschichtig und originell, aber manchmal auch ein wenig ausschweifend. Aber das macht den Reiz dieses Buches aus. Man kann es nicht mal eben so weg lesen, sondern muss eine gewisse Aufmerksamkeit aufbringen.

Die Autorin baut Themen wie Menschenrechte, Kolonialismus, Frauenrechte und Rassismus in eine faszinierende Geschichte ein. Man kann viele Parallelen zur heutigen Zeit finden, fühlt sich aber dennoch gut unterhalten. Gerade die unterschiedlichen Zeitebenen und die teils sehr kurzen Kapitel sorgen für Abwechslung und Spannung.

Ich werde von Zadie Smith sicher noch weitere Bücher lesen. Sie hat bereits gefeierte zeitgenössische Romane veröffentlicht und ist mit Betrug einem historischen Gerichtsfall nachgegangen, der schon zu seiner Zeit für Aufsehen sorgte und der Beweis dafür ist, dass Populismus und Fake-News keine neuzeitliche Erfindung sind.

Einige Kritiker schreiben, dass die Autorin in diesem Buch sprachliche Schwächen zeigt, die allerdings an der gewählten Zeit liegen, in der sie selbst nicht verhaftet ist. Daher bin ich gespannt, wie mir ihre früheren Werke gefallen mögen. Da ich diese bisher nicht kenne, kann ich bisher keine Vergleiche ziehen. Betrug gefällt mir sehr gut.

Eine weitere Rezension, die im viktorianischen England spielt:

Miss Elizas englische Küche


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