Kategorie: Rezension

  • Rezension: Ghost: Ein Kurzroman von Stefan Barth

    Rezension: Ghost: Ein Kurzroman von Stefan Barth

    Klappentext:

    Ende des 23. Jahrhunderts haben Großkonzerne die Macht von Staaten. Mensch und Maschine sind kaum noch von einander zu unterscheiden. Und womit niemand gerechnet hatte: Magie ist Wirklichkeit. Sarah und ihr Team sollen sich in das Netzwerk des weltgrößten Energiekonzerns hacken. Eigentlich eine Kleinigkeit für einen Profihacker wie Sarah, doch ausgerechnet nach diesem Auftrag prangen ihre Gesichter auf Fahndungsplakaten im ganzen New Yorker Metroplex. Die Gruppe kämpft ums nackte Überleben, als ein anderer Konzern seine Unterstützung anbietet. Doch auch diese Hilfe hat ihren Preis. Ein Wettlauf gegen die Zeit und übermächtige Widersacher beginnt.

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    Meine Meinung:

    Es handelt sich um einen Kurzroman mit knapp 60 Printseiten. In dieser kurzen Geschichte steckt aber alles, was das Leserherz begehrt: Spannung, Action, Unterhaltung und Dramatik. Im Gewand einer Dystopie bekommt der Leser eine kaum noch unterschwellige Gesellschaftskritik an einem System, dass den Konzernen immer mehr Macht einräumt, bis der Mensch selbst nur noch zählt, wenn er Profit bringt.

    Ich war vom ersten Satz an gepackt und konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Man hat es allerdings auch in einer guten Stunde durchgelesen, was das Lesevergnügen aber nicht schmälert. Die Geschichte hat dafür keine unnötigen Längen, ist abwechslungsreich und hält einige überraschende Wendungen bereit. Fremde Begriffe erklärt der Autor im Kontext, so dass ich im Lesefluss nicht unterbrochen wurde.

    Ich finde den Roman aufregend, fesselnd und unterhaltsam. Gerne hätte ich noch mehr von Ghost gelesen. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der gerne Dystopien und Science Fiction liest.

  • Rezension: Nullzeit von Juli Zeh

    Rezension: Nullzeit von Juli Zeh

    Klappentext:

    Eigentlich ist die Schauspielerin Jola mit ihrem Lebensgefährten Theo auf die Insel gekommen, um sich auf ihre nächste Rolle vorzubereiten. Als sie Sven kennenlernt, entwickelt sich aus einem harmlosen Flirt eine fatale Dreiecksbeziehung, die alle bisherigen Regeln außer Kraft setzt. Wahrheit und Lüge, Täter und Opfer tauschen die Plätze. Sven hat Deutschland verlassen und sich auf der Insel eine Existenz als Tauchlehrer aufgebaut. Keine Einmischung in fremde Probleme – das ist sein Lebensmotto. Jetzt muss Sven erleben, wie er vom Zeugen zum Mitschuldigen wird. Bis er endlich begreift, dass er nur Teil eines mörderischen Spiels ist, in dem er von Anfang an keine Chance hatte.

    Taschenbuch, Flexibler Einband, 320 Seiten, erschienen im btb Verlag

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    Ich habe das Buch gelesen, weil es im Lesekreis vorgeschlagen wurde. Dabei fielen Worte wie Lieblingsbuch und großartig. Meine Meinung ist das nicht unbedingt.

    Das Buch ist flüssig lesbar und ich konnte mir die beschriebenen Handlungen gut vorstellen. Die Sprache ist klar, der Schreibstil bildhaft. Vergleiche zu anderen Büchern der Autorin kann ich nicht ziehen, da ich von Juli Zeh noch nichts gelesen habe.

    Sven, Tauchlehrer auf einer nicht namentlich genannten Insel, erzählt die Geschehnisse aus seiner Sicht. Dabei scheint er zu Beginn mit seinem Leben mehr als zufrieden zu sein, was sich dann aber nach und nach ändert. Unterbrochen wird die Erzählung durch Tagebucheinträge seiner Tauchschülerin Jola, die mit ihrem Lebensgefährten einen 14-tägigen Tauchkurs gebucht hat. Es entwickelt sich eine Ménage à trois, in deren Verlauf niemals klar ist, ob Jola oder Sven die Geschehnisse wahrheitsgemäß widergeben, da sich ihre Schilderungen stark unterscheiden. So kommt hin und wieder Verwirrung auf, auch über die Absichten der Protagonisten.

    Mich konnte die Geschichte nicht sehr fesseln. Mir waren die Beweggründe der beteiligten Personen nicht erklärbar und ich konnte keinem so recht glauben. Auch waren mir keine der handelnden Personen wirklich sympathisch. (Einzig der Gecko Emil weckte mein Mitgefühl.)

    Am besten gefielen mir noch die Beschreibungen der Tauchgänge, die in mir den Wunsch weckten, selbst einmal tauchen zu gehen.

    Ich frage mich, welchem Genre das Buch zugeordnet sein will. Für einen Thriller gibt es in meinen Augen nicht genug Thrill, für einen Erotikroman fehlt es an entsprechender Handlung. Es ist alles in allem ein ganz gut lesbarer Urlaubsroman, der mich immerhin ganz nett unterhalten hat.

  • Rezension: Nudel im Wind von Jürgen von der Lippe

    Rezension: Nudel im Wind von Jürgen von der Lippe

    Klappentext:

    Besser gut abgehangen als zu früh gekommen: Jürgen von der Lippes Romandebüt

    Neulich sagte meine Frau zu mir: «Warum schreibst Du nicht endlich mal was mit Niveau? Ich würde gerne mal eine welthaltige, vielschichtige Romanhandlung von Dir lesen, ein Panoptikum an Figuren, eine ausgebuffte Mischung aus Action und Reflexion, Gesellschaftskritik und psychologischem Tiefgang, vielleicht sogar auch eine raffiniert eingebaute Krimihandlung, meinetwegen gern auch mit ein bisschen geschmackvoll beschriebenem Sex gewürzt, mach doch, Du kannst das!» Und ich setzte mich an mein Notebook und schrieb: «Ich möchte Ihnen eine ziemlich unglaubliche Geschichte erzählen. Ich weiß, das ist kein glücklicher Anfang für ein Buch, das seine Leser vom ersten Satz an in den Schwitzkasten nehmen und bis zum letzten Wort nicht mehr rauslassen soll. ‹Sie hatten ihm die Kehle durchgeschnitten und ihn dann im Urinal ausbluten lassen› ist da schon ein anderes Kaliber, aber in der Welt der sinnlos waltenden rohen Kräfte bin ich nicht so zu Hause wie in der Psyche der Sanftmütigen, Unscheinbaren mit ihren kleinen liebenswerten Macken. Menschen wie Gregor und sein Hund Waldmeister…»

    Hardcover mit Schutzumschlag, 240 Seiten, erschienen im Penguin Verlag

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    Meine Meinung:

    Ich habe das Buch über das Bloggerportal erhalten. Dafür bedanke ich mich herzlich.
    Meine Meinung hat die Bereitstellung des Rezensionsexemplars allerdings nicht beeinflusst.

    Die Geschichte ist erfrischend, humorvoll und unvorhersehbar.
    Der Autor schafft es, jeder Figur Leben einzuhauchen und verwebt eine spannende Geschichte, die überraschend endet. Die Kapitel sind jeweils einem Protagonisten zugeordnet, wobei es auch kurze Abschnitte gibt, in denen er dem Leser einen Einblick in den Schreibprozess gewährt, bei dem seine Frau versucht sich einzumischen und etwas mehr Niveau einzubringen. Diese Abschnitte waren mit die lustigsten.
    Das Buch ist eine treffende Satire, die die Fernsehmacher und ihre Sendeformate aufs Korn nimmt.
    Man bekommt einen spannenden Einblick hinter die Kulissen von Scripted Reality Formaten und wird dabei bestens unterhalten, da es komplett fiktional ist.
    Möglich, dass hier der nächste Blockbuster des deutschen Kinos geschaffen wurde.
    Ich konnte mir die Schauplätze und die Handlung sehr gut vorstellen, die Protagonisten waren mir sympathisch und ich fieberte und rätselte gespannt mit.
    Bis zuletzt ist beispielsweise nicht klar, wer der geheimnisvolle B. mit der sadistischen Ader ist.
    Die Auflösung dieser Frage hat mich dann doch überrascht. Ich war mehr als einmal auf der falschen Fährte.

    Einzelne Szenen fand ich allerdings ein wenig zu ausführlich, aber das liegt daran, dass ich Beschreibungen von Boxkämpfen und Kochsendungen nicht sonderlich viel abgewinnen kann. Die ausführliche Beschreibung von Kochrezepten, vor
    allem mit der Verwendung von Meeresfrüchten interessieren mich nicht. Daher habe ich diese Abschnitte eher überflogen.
    Ansonsten trifft das Buch genau meinen Humor.

    Jürgen von der Lippe hat eine abwechslungsreiche Geschichte mit Krimi-Elementen geschrieben, die man guten Gewissens weiter empfehlen kann.
    Ich werde mir auf jeden Fall noch das Hörbuch kaufen, das der Autor selbst eingelesen hat.

  • Rezension: Die Katze, die kam, um zu bleiben von Nils Uddenberg

    Rezension: Die Katze, die kam, um zu bleiben von Nils Uddenberg

    Klappentext:

    Dies ist die Geschichte, wie ich zu einer Katze kam, obwohl ich eigentlich beschlossen hatte, niemals irgend welche Haustiere zu halten… … Es ist eine banale Geschichte, vielleicht ist sie sogar ein wenig albern. Aber ich bin über siebzig, ich habe keine Stellung zu verteidigen und keine Karriere, für die ich kämpfen muss. Ich kann es mir leisten, sie zu erzählen. Ich bin, wie so viele alte Männer, ziemlich weich und empfindsam. Die Katze dagegen hat einen eisernen Willen, und sie verfolgt ihre Ziele sanft, aber unbeirrbar. Es hat nie irgendwelche Auseinandersetzungen zwischen uns gegeben, aber letztlich bekam sie, was sie wollte. Und so fing alles an…

    Originaltitel: Gubbe och katt Originalverlag: Natur & Kultur

    Taschenbuch mit zahlreichen s/w-Illustrationen, 192 Seiten, 2015 im btb Verlag erschienen .

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    Meine Meinung:

    Was für ein zauberhaftes Buch! Ich bin froh, dass ich es gekauft habe, als es mir beim Stöbern in einer Buchhandlung in die Hände fiel.

    Der Autor erzählt in kurzen Episoden, wie er zum Katzenbesitzer wurde und was er in den ersten zwei Jahren alles mit dem süßen neuen Mitbewohner erlebte.

    Als absoluter Katzenmensch konnte ich viele Beschreibungen sehr gut nachvollziehen und fand viele Parallelen zu meiner Zeit als Katzenmama. Der Autor verwendet manchmal eine etwas altmodische Sprache, die aber sehr gut zur Geschichte passt.

    In jedem Satz spürt man die Liebe zur Katze, die das Herz ihrer Dosenöffner auf subtile und unauffällige Weise erobert hat. Darüber wundert sich der Autor einige Male, da er doch keineswegs vor hatte, jemals wieder ein Haustier anzuschaffen.

    Er zieht einige humorvolle Vergleiche, die die Geschichte etwas auflockern und nebenbei noch etwas Wissen vermitteln.

    Es ist eine wundervolle Geschichte für „Zwischendurch“, die man in kürzester Zeit gelesen hat. Sie ist aber auch geeignet, das Buch hin und wieder zur Hand zu nehmen und darin zu blättern, ein paar Sätze zu lesen und die wunderschönen Illustrationen anzuschauen, die zwischen den Texten eingefügt sind.

    Für alle Tierfreunde eine amüsante und berührende Lektüre.

  • Rezension: Die Hauptstadt von Robert Menasse

    Rezension: Die Hauptstadt von Robert Menasse

    Klappentext:

    Der große europäische Roman

    In Brüssel laufen die Fäden zusammen – und ein Schwein durch die Straßen. Fenia Xenopoulou, Beamtin in der Generaldirektion Kultur der Europäischen Kommission, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Sie soll das Image der Kommission aufpolieren. Aber wie? Sie beauftragt den Referenten Martin Susman, eine Idee zu entwickeln. Die Idee nimmt Gestalt an – die Gestalt eines Gespensts aus der Geschichte, das für Unruhe in den EU-Institutionen sorgt. David de Vriend dämmert in einem Altenheim gegenüber dem Brüsseler Friedhof seinem Tod entgegen. Als Kind ist er von einem Deportationszug gesprungen, der seine Eltern in den Tod führte. Nun soll er bezeugen, was er im Begriff ist zu vergessen. Auch Kommissar Brunfaut steht vor einer schwierigen Aufgabe. Er muss aus politischen Gründen einen Mordfall auf sich beruhen lassen; ≫zu den Akten legen≪ wäre zu viel gesagt, denn die sind unauffindbar. Und Alois Erhart, Emeritus der Volkswirtschaft, soll in einem Think-Tank der Kommission vor den Denkbeauftragten aller Länder Worte sprechen, die seine letzten sein könnten.

    In seinem Roman spannt Robert Menasse einen weiten Bogen zwischen den Zeiten, den Nationen, dem Unausweichlichen und der Ironie des Schicksals, zwischen kleinlicher Bürokratie und großen Gefühlen. Und was macht Brüssel? Es sucht einen Namen – für das Schwein, das durch die Straßen läuft. Und David de Vriend bekommt ein Begräbnis, das stillschweigend zum Begräbnis einer ganzen Epoche wird: der Epoche der Scham.

    Als gebundenes Buch 2017 im Suhrkamp Verlag erschienen.

    459 Seiten

    Das Buch ist mittlerweile auch als Taschenbuch erhältlich.

    Ich danke dem Verlag sehr für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Dies hat meine Meinung nicht beeinflusst.

    Meine Meinung:

    Gut recherchierte EU-Satire mit kritischen Tönen

    Anhand verschiedener Protagonisten webt der Autor einen europäischen Flickenteppich aus amüsanten und skurrilen Geschehnissen. Viele Wendungen in z. B. französischer, englischer Sprache, Flämisch oder Polnisch, werden nicht übersetzt und im Text auch selten erklärt. So ist es für weniger sprachbegabte Leser nur bedingt lesbar. (Ich selbst bemühte ab und zu den Google-Übersetzer.) Auch springt der Autor ständig zwischen den Zeitformen hin und her. Grundsätzlich wird der Roman in der Vergangenheitsform erzählt, aber häufig verwendet Menasse auch den Präsens oder andere Vergangenheitsformen. Für mich aus keinem erkennbaren Grund und ohne nachvollziehbares Muster. Das hat mich stets aus meinem Lesefluss gerissen. (Ich weiß nicht, ob das Buch durch die Neuauflage als Taschenbuch nochmals überarbeitet wurde, daher kann ich nur das mir vorliegende Exemplar bewerten.)

    Lässt man die stilistischen Fehler beiseite, findet man gut beschriebene Handlungen und Orte und faszinierende Charaktere. Es gibt im Buch auch einige gelungene Metaphern, die manche Zusammenhänge und Abläufe des großen bürokratischen EU-Apparates erklären sollen. Beispielsweise die Beschreibung über die Funktion der Milz im Körper, über die kaum jemand etwas weiß, die aber im Verborgenen verlässlich ihre Arbeit leistet.

    Man erkennt beim Lesen auf jeden Fall, dass der Autor bereits einige Zeit in Brüssel verbracht hat und sich dort gut auskennt.

    Mein Fazit: Keine Lektüre für „nebenbei“, aber für EU-Interessierte auf jeden Fall geeignet.